04.12.2025
Man muss die Vergangenheit kennen, um die Gegenwart zu verstehen. So hat Helmut Kohl einen Spruch von August Bebel für seine Zwecke umgedichtet. Und so passt dieselbe Weisheit auch auf die Formel 1-WM 2025.
Denn ein Blick in die Vergangenheit, genauer gesagt ins Jahr 2010, offenbart erstaunliche Parallelen. Damals hätte Fernando Alonso im Ferrari beim Saisonfinale in Abu Dhabi nur Vierter werden müssen, um Weltmeister zu werden. Der Spanier hatte weiland zwei mögliche Gegner, beide fuhren einen Red Bull: Mark Webber und Sebastian Vettel. Der Aussie hatte rechnerisch die besseren Chancen, also richteten die Ferrari-Ingenieure ihre ganze Rennstrategie nur auf Webbers Ergebnis aus.
Alonso wurde damals Sechster. Im direkten Vergleich zu Webbers Endergebnis auf der Insel Yas hätte ihm das zum Titel gereicht.
Doch die Italiener hatten Vettel schlicht übersehen, den Hessen wortwörtlich nicht auf der Rechnung. Und als der Grand Prix zu Ende war – da holte Vettel, der Übersehene, den Titel. Und Alonso konnte es nicht glauben.
Alle, die das Rennen im Nahen Osten seinerzeit wirklich verstanden haben, lachten sich kaputt über die roten Blindfische.
Und wer war damals Renningenieur von Fernando Alonso bei Ferrari? Wer also zeichnete verantwortlich für eine Pleite, die größer war als das 1:7 der Brasilianer gegen Deutschland bei der Heim-WM an der Copacabana?
Andrea Stella.
Genau: Jener Mann, der heute als Teamchef bei McLaren arbeitet. Bei jenem Team, das gerade alle möglichen strategischen Fehler begeht, die man nur machen kann – und das so Max Verstappen die Tür zur Titelverteidigung aus schierem Eigenverschulden aufgestoßen hat.
Manchmal kann man sich nur wundern, was für Leute in welche Positionen berufen werden.
Stella reiht sich ein in eine Liste von Versagern, deren Fehler vielleicht für Ehrenamtler verzeihlich wären – aber nicht für hochgezahlte Profis im Millionenbusiness Formel 1. Und Stella macht nun denselben Fehler gleich zum wiederholten Male.
Dieses Mal in höherer Stellung. Unter seiner Führung als Teamchef vergurkten die Renningenieur die offensichtliche Strategie von Katar, wo in Runde 7 das Fenster für einen Boxenstopp unterm Safetycar aufging. Jeder, der sich vorab mit den Eigenheiten der Strecke und der dort aufoktroyierten Zweistoppstrategie auseinandergesetzt hatte, wusste um die Bedeutung der Zahl 7. Nur Stella und seine McLaren-Ingenieure haben das verschlampt, in der irrigen Annahme, wenn man nicht unter Gelb stoppe, hätte man ja mehr Beinfreiheit für den zweiten Zwangsstopp.
Strategien sind zwar für Außenstehende oft schwer zu durchschauen. Doch alle Teams bemühen Rechenprogramme, in denen vorab Runde für Runde -zig mögliche Szenarien durchgespielt werden. An deren Empfehlungen kann man sich entlang hangeln. Man kann als Journalist sogar, wenn man die entsprechenden Quellen kennt, seine Rennberichte schon in Textbausteinen vorformulieren und je nach Rennverlauf zusammensetzen – was früher, als Mitarbeiter bei einer hochaktuell zu produzierenden Wochenzeitschrift, bei Überseerennen in Nord- und Südamerika wegen der Zeitverschiebung immens wichtig war.
Natürlich hat auch McLaren solche Simulationsprogramme. Manche Insider sagen nach dem Fiasko von Katar, den Briten fehle es an Mut, Entscheidungen zu fällen. Tatsächlich spricht alles dafür, dass es ihnen schlicht an der Kapazität fehlt, unter Druck ihr Fachwissen abzurufen. Oder, brutaler gesagt: Sie sind nicht gut genug – und an der Kommandobrücke eines Formel 1-Teams fehl am Platze.
Ein Vergleich gefällig? Bei der Speedway-Paar-WM in Thorn in Polen in diesem Jahr mussten die Deutschen Kai Huckenbeck/Norick Blödorn im letzten Hauptrundenrennen ein bestimmtes Resultat erreichen, um es noch in einen Hoffnungslauf um den letzten Finalplatz am kommenden Sonnabend zu schaffen.
Die Ausgangslage war jedem klar. Die beiden Deutschen erfüllten sie auch im letzten Vorlauf.
Doch als sie ins Fahrerlager zurückkamen, beschieden die deutschen Teammanager Sascha Dörner und Mathias Bartz ihnen, sie seien ausgeschieden und sollten ihre Maschinen im Parc Fermé abstellen. Obwohl auf den offiziellen Zeitnahmemonitoren klar angezeigt wurde: Deutschland ist im Race-Off, also im Hoffnungslauf. Die Teammanager beharrten auf ihrer Position. Erst als die Rennleitung Huckenbeck und Blödorn zum Hoffnungslauf aufrief, mussten die Mechaniker in aller Hast die Maschinen ausm Parc Fermé rausholen. An Abstimmungsarbeit war nicht zu denken, die beiden Norddeutschen schieden gegen Lettland aus.
Die beiden deutschen Teammanager heißen seither in der Szene nur noch Rechengenies. Aber sie sind noch im Amt.
Am Sonntag ist die Ausgangslage klar. Wenn Max Verstappen gewinnt, reicht McLaren-Fahrer Lando Norris ein vierter Platz in Abu Dhabi zum Titel. Das ist locker machbar. Doch was passiert wohl, wenn das Rennen strategisch einen unübersichtlichen Verlauf nimmt – und Norris am Ende Fünfter wird? Ob Stella dann genauso weiter wurschteln darf wie Dörner und Bartz?