11.04.2025
Es fließen viele Tränen dieser Tage in München. BMW hat eine Sammlung von historischen Autos, sowohl Serien- als auch Rennwagen. Doch im Zuge des allgemeinen Kostendrucks in der Automobilwirtschaft muss BMW Classic gerade einen Großteil der Motorsportler in dieser Sammlung verkaufen: Rennautos, aber auch alte, geschichtsträchtige Formel 1-Motoren wechseln gerade zum Spottpreis den Besitzer.
Der Ausverkauf ist initiiert worden, weil die Abteilungsleiter der Klassiker nur so die Genehmigung erhalten, mit den verbleibenden Autos werbeträchtige Veranstaltungen der Automobilhistorie zu beschicken und so noch Reklame für die Marke zu machen. Das Festival of Speed in Goodwood etwa, oder die Villa d’Este.
Es ist schon eine zynische Ironie des Schicksals, dass BMW dabei in ein altes Verhaltensmuster zurückfällt: Vor zwei bis vier Jahren gab es schon mal eine Phase, da haben die beiden bayerischen Rivalen BMW und Audi alle motorsportlichen Entscheidungen so getroffen, als hätten sie sich abgesprochen. Sie haben sich sogar gegenseitig das Personal an der Spitze der Rennabteilungen abgeworben. Ohne dass dabei die Kompetenz am Steuer gesteigert worden wäre allerdings.
Die BMW-Sammlung umfasste bislang Preziosen: revolutionäre Turbomotoren mit mehr als 1.000 PS etwa, getunt und konzipiert von „Nocken-Paule“, dem eigensinnigen Motorenpabst Paul Rosche. In den frühen Achtzigern schon ist BMW damit Weltmeister geworden, mit Nelson Piquet. Die Mitarbeiter der Klassikabteilung kennen deren Wert, sowohl materiell als auch ideologisch – und auch für den Wert der Marke.
Jetzt geht alles für ‘n Appel und ‘n Ei an Millionäre, die damit ihre private Sammlung bereichern. Genau wie auch ein ganzes Rudel alter Audi von den 24 Stunden von Le Mans und sogar dem DTM, denn Audi verscherbelt auch sein Tafelsilber und gibt seine Tradition auf. Alles nur, um Geld einzusammeln für den Ausbau von E-Autowerken, gegen Trump’sche Zölle und Überkapazitäten, die man nicht mehr in den Markt gedrückt kriegt.
Kenner sind erschüttert, Buchhalter entzückt. Die deutschen Werke geben freiwillig ein Teil ihrer Historie und auch ihres Mythos’ auf, zugunsten von noch mehr Einnahmen und geringeren Kosten. Denn man darf nicht übersehen: Alle deutschen Hersteller erzielen immer noch hohe, sehr hohe Millionengewinne. Von einer Krise, einer existenzbedrohlichen gar, kann keine Rede sein. Aber das Diktat des Aktienkurses und damit der Kennzahl der Umsatzrendite – bei Autoherstellern mindestens 13 Prozent – hat längst Priorität eingenommen vor dem eigentlichen Unternehmenszweck, dem Bau und Verkauf von Kraftfahrzeugen.
Diese Entwicklung macht es für die Abteilungsleiter unausweichlich, Entscheidungen wie den Abverkauf alter Formel 1-Motoren bei BMW zu fällen. Denn mit den Finanzwerten, die sie den Vorgesetzten aus ihren Abteilungen präsentieren können, empfehlen sie sich für die nächste Beförderung. Es geht nach dem Peter-Prinzip.
Dass betuchte ältere Herrschaften Formel 1-Gebrauchtwagen sammeln, ist nicht neu. Viele verschwinden in Sammlungen, privaten Museen ohne öffentlichen Zugang. Manche tauchen bei Rennen des sogenannten Historischen Motorsports wieder auf: Die Besitzer zwängen sich in die Cockpits und bewegen die Grand Prix-Gebrauchen dann im Rahmen ihrer persönlichen Möglichkeiten. Die liegen stets weiter unter den Möglichkeiten der Technik der Wagen, selbst wenn die Boliden schon sehr alt sind.
Deswegen sind Veranstaltungen wie etwa das Hockenheim Historic, das alljährlich in Deutschland die Saison der Historiker einläutet, stets eine zweischneidige Geschichte: Wenn man sie unter der Prämisse eines rollenden Museums besucht, dann kann man da viel Freude haben und staunen. Man sieht alte Technik, detailgetreu restauriert oder mit neuen Teilen anhand der alten Pläne nachgebaut. Aber wenn man weiß, zu was die Monsterautos der Formel 1 technisch tatsächlich fähig sind – dann hinterlässt der sportliche und fahrerische Wert des Gebotenen einen doch eher betroffen und desillusioniert.
Andererseits: Niemand geht ja ins Museumsdorf Cloppenburg, um dort Inspiration für seinen eigenen Neubau zu holen.
Deswegen sind Veranstaltungen des Historischen Motorsports durchaus ein Schmankerl. Man kann nur hoffen, dass möglichst der Panikverkäufe von BMW den Weg zu solchen Rennen finden – und nicht in privaten Kellern oder Hallen als Stehrümche ihr Dasein fristen müssen. Wenn schon die Hersteller ihrer Verantwortung nicht gerecht werden – dann doch wenigstens die Profiteure von deren Managemententscheidungen, also die Privatiers.