+++ 2024-08-29 19:14 : Blog – warum will niemand Mick Schumacher? +++ 2024-08-18 11:14 : Blog – der unsinnigste Vergleich des Jahres +++ 2024-08-08 17:24 : Podcast – Erinnerungen an Speedwaystar Tommy Dunker. Interview von Norbert Ockenga mit Weggefährte und Rivale André Pollehn +++
BACK

08.01.2022

Ross' Kur


Ist das schon die Vorentscheidung? Die Yamaha-Werksfahrer in der Motorradwertung müssen ihre Motoren schonen. Die Ingenieure haben die Leistung der Blauen auf den letzten Etappen der Dakar derart gedrosselt, dass Adrian van Beveren, Ross Branch und Andrew Short auf langen Geradeauspassagen bis zu 30 km/h Endgeschwindigkeit auf die Schnellsten fehlen.

Und diese Schnellsten sind nicht etwa die KTM und ihre Schwestermarken Gas Gas und Husqvarna – sondern die indischen Hero, die vom bayerischen Speedbrain-Team entwickelt und vorbereitet werden. Die kratzen nämlich in 182 km/h an einer allgemeinen Bestmarke.

Das ist keine Überraschung. Denn die Hero folgt noch der alten Bauweise der traditionellen Wüstenschiffe – mit einem klassischen Gitterrohrrahmen, nicht mit einem Motocross-Chassis. Das verleiht den indischen Bajuwaren just beim Geradeauslauf in offener Wüste mehr Stabilität – eine Stärke, die jahrzehntelang vor allem die unterschiedlichen Ausbaustufen der KTM ausgezeichnet hatte.

Speedbrain hat für Hero das Beste aus beiden Welten herbeientwickelt: die alte Wüstenschiff-Stabilität im Gelände behalten – gleichzeitig aber vor allem über die Lage und Form der Tanks den Massenschwerpunkt der weißroten Bikes so zentriert, dass sie auch im steinigen Gelände agil genug sind. Was wiederum die entscheidende Stärke der Honda bei ihren letzten beiden Siegfahrten war, und was KTM dem neuen Bike mit dem Schleifenrahmen aus dem Motocross auch eingeimpft hat.

Hero hat in Sebastian Bühler und Franco Caimi seine beiden Spitzenfahrer vor der Dakar im Winter wegen Verletzungen verloren. Das Team von Wolfgang Fischer kann deswegen ohne ersten Sturm im Sattel nicht konstant vorn reinfahren.

Honda hat bei der Entwicklung seiner Siegermaschine Stillstand walten lassen, denn die Firmenzentrale in Japan hat dem italienischen Einsatzteam das Budget empfindlich gekürzt. Mit dem Resultat, dass KTM samt Schwestermarken und – bis zur Drosselung – Yamaha eine kurze, aber entscheidende Nasenlänge voran sind.

Seit die blauen Japaner Leistung reduzieren mussten, fiel Speerspitze van Beveren sukzessive zurück. Hinter Spitzenreiter Sam Sunderland von Gas Gas gingen zuerst Matthias Walkner und zuletzt auch Daniel Sanders scheinbar spielerisch am Franzosen vorbei. Wenn am Ruhetag kein Stein der Weisen gefunden wird, machen die KTM-Marken den Sieg unter sich aus – wobei der Fight der großen Drei völlig offen ist und in der zweiten Woche das Filetstück der Dakar 2022 darstellen dürfte. Denn Stallregie ist im KTM-Großaufgebot ein Fremdwort.

Ross Branch von Yamaha bleibt eh' nur noch das Wundenlecken. Der Afrikaner aus Botsuana hat inzwischen seinen Sturz auf der Skandal-Abbruchsetappe vom Freitag noch mal Revue passieren lassen: Er sei mit 160 Sachen durch eine tiefe Spur geprescht, welche die Lkw am Vortage wie eine Bobbahn in die Wüste gepfügt hatten. Er hing genau in dieser Furche fest, als vor ihm eine etwa 30 Zentimeter hohe Steinstufe aufgetaucht sei, mutmaßlich erst rausgewühlt von den Riesentruckreifen am Tag zuvor. Bremsen? Ausweichen? Keine Chance mehr, bei dem Tempo. Durch den Aufprall sei die Kette abgerissen und der hintere Stoßdämpfer explodiert. Er sei mitsamt der Maschine abgehoben, aus dem Sattel katapultiert worden – und erst 100 Meter vom Motorrad entfernt wieder gelandet. Da hätte er noch Glück gehabt, dem Scharmützel nur mit milden Verletzungen zu entkommen.

Nach dem Abgang stellten die Veranstalter vorm Unfallort ein Gefahrenwarnschild auf. Im Roadbook war die Stelle noch nicht als Gefahrenhort vermerkt. Als Danilo Petrucci an derselben Stelle schwer zu Fall kam und sich eine Fleischwunde zuzog, reifte in der Rallyeleitung die Bereitschaft, auf die Einwände der alarmierten Topfahrer zu hören, welche diese per Mobiltelefon beim ersten Tankstopp vortrugen – und die Etappe vorzeitig abzubrechen.


Teile diesen Beitrag

Das könnte auch interessant sein:

  • 16.04.2025

    McLaren lacht sich kaputt

    McLaren-Teamchef Zak Brown kommt dieser Tage aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Dem beleibten Kalifornier gelingt das, was einst der Traum des vorigen McLaren-Chefs und -Minderhei…
  • 11.04.2025

    Tränen bei BMW

    Es fließen viele Tränen dieser Tage in München. BMW hat eine Sammlung von historischen Autos, sowohl Serien- als auch Rennwagen. Doch im Zuge des allgemeinen Kostendrucks in der Au…
  • 03.04.2025

    Von Ast und Säge

    Man muss sich schon wundern, wes Geistes Kind manche Leute sind. Etwa am Montag, bei einer Fahrveranstaltung von Dacia in Lünen, als ein Kollege, der sich mit Autotests befasst, in…
  • 25.03.2025

    Formel 1 und mehr

    Die neue Ausgabe der Zeitschrift PITWALK unterstreicht ein Mal mehr, warum das Magazin von Eurosport-Kommentator Norbert Ockenga und seinem Team die Nummer 1 unter den deutschen Mo…
  • 21.03.2025

    Verflucht und zugenäht

    Vielleicht wäre es an der Zeit, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Denn bereits seit dem vergangenen Jahr macht der Automobilweltverband FIA einen Nebenkriegsschauplatz auf – …
  • 13.03.2025

    British Racing Days

    Mit dem Formel 1-Saisonauftakt ist es irgendwie wie mit Weihnachten: Man weiß genau, wann er ist – aber er kommt dann doch immer viel zu schnell und hopplahopp. Den Teams gehen auc…
  • 11.03.2025

    Wo gibt's noch ehrlichen Sport?

    Hallo liebe PITWALKer, wir haben den Winter genutzt, um mal gründlich nachzudenken. Wo gibt es heutzutage noch echten, puren Motorsport; Sport also, wie wir alle ihn am liebsten m…
  • 03.03.2025

    Daten-Träger

    Daten lügen nicht. Und der Blick auf die Podcastcharts für Onlineradio mit Sportinhalten weist seit Tagen konstant Erfreuliches aus: PITCAST, der Podcast Eurer Lieblingszeitschrift…
  • 28.02.2025

    Charts-Stürmer

    Die Erfolgsstory der PITWALK-Collection geht weiter. PITCAST, die Podcastreihe von Deutschlands größter Motorsportzeitschrift, erklimmt am Freitag wieder Platz 1 der relevanten Cha…
  • 20.02.2025

    Vorm Wahltag

    Unlängst führte der Dienstweg nach Südafrika. Eine weite Reise – mit viel Zeit zum Lesen. Und sich über das Gelesene zu wundern. Da wird etwa in einer Ausgabe von Der Spiegel dar…
  • 22.01.2025

    Mehr Wüsten wagen

    Na gut, die Rallye Dakar mag vorbei sein. Aber das ist kein Grund, dem Marathonrallyesport jetzt den Rücken zu kehren. Denn nach der Dakar ist immer auch mitten in der WM – mit ein…
  • 03.01.2025

    Breaking News – neu auf PITWALK TV!

    Und gleich noch eine Neuigkeit im digitalen Angebot der PITWALK-Collection, die pünktlich zum Start der Rallye Dakar 2025 online geht. Ab sofort gibt es bei den Shorts von PITWALK …
2025 – BILD-PUNKTE LAREUS.MEDIA