20.09.2016
Die Stimme von Jörg Bergmeister wird immer leiser. Je länger der Porsche GT-Werksfahrer beim Sechsstunden-Rennen von Austin neben mir in der Sprecherkabine von Eurosport sitzt, desto schwerer ist Bergmeister zu verstehen.
Denn keine Stunde zuvor hat er mit einem Porsche 911 GT3 weite Teile des drei Stunden langen IMSA-Laufs im Vorprogramm der Sportwagen-WM absolviert – ohne Klimaanlage. Bei Außentemperaturen von knapp 40 Grad unter gleißender Sonne.
Nun ist Jörg Bergmeister beileibe nicht zimperlich. Tags zuvor hat er sich bei einem verunglückten Fahrerwechsel die spitze Ecke einer Seitenscheibe so hart gegen einen Arm gerammt, dass auf dem Bizeps eine bunte Schwellung gewachsen ist. Als ein Fotograf nach der Qualifikations-Pressekonferenz Bilder von Bergmeister und seinem amerikanischen Co-Piloten machen will, reißt der Deutsche das Pflaster kurzerhand ab, und wer ihn nach möglichen Schmerzen fragt, erhält ein lachend vorgetragenes „Ja, geht schon“ zur Antwort.
Aber die Hitzeschlacht auf der Formel 1-Rennstrecke Circuit of the Americas in Elroy, unter der Einflugschneise des Flughafens von Austin, hat auch Bergmeister zugesetzt. Völlig erschöpft sei er von seinem Rennen, und müde, gibt er in einer der Werbepausen zu, und nach nur zwei Stunden verlässt er die Kabine, um in seinem Hotel in der Innenstadt von Austin schlafen zu gehen.
Bergmeister gehört seit Jahrzehnten zu einer festen Größe im internationalen Langstreckensport. Und er ist einer der wenigen Fahrer, die ich beinahe im Gleichschritt die gesamte Karriere über begleitet habe, ohne dass je ein Abriss entstanden wäre. Dirk Müller, Marc Lieb, Timo Bernhard und Alexander Wurz gehören auch dazu. Sie alle habe ich schon als junger Journalist in ihren ersten Stationen in den Nachwuchsformeln kennengelernt, als ich dortselbst meine ersten Schritte unternommen habe: Bergmeister und Müller in der Formel König, Wurz und Bernhard in der Formel Ford, Lieb in der Formel Renault. Seitdem sind wir quasi im Gleichschritt durch die motorsportlichen Instanzen gegangen.
Alex Wurz und Marc Lieb waren am Sonnabend ebenfalls bei mir in der Eurosport-Kabine zu Gast; Dirk Müller hätte auch kommen können, denn er war genau wie Jörg Bergmeister im IMSA-Rennen am Start – musste aber direkt nach der Zielflagge abfliegen, weil er Termine für Ford Deutschland wahrzunehmen hatte.
Bergmeister hätte eigentlich auch heimfliegen wollen. Aber er buchte kurzfristig um: Die hastige Fahrt zum Flughafen Houston war ihm zu stressig, in der Kommentatorenkabine war er auch in der Tat besser aufgehoben als im Mietwagen auf texanischen Highways und Interstates.
So konnte Jörg Bergmeister all’ jenen Zuschauern, die mit uns die Nacht sechs Stunden lang zum Tage gemacht haben, wertvolle Zusatzinformationen liefern, die ein Journalist als externer Beobachter nicht haben kann. Genau wie später noch Wurz, Lieb Tom Kristensen, Porsches LMP1-Chef Fritz Enzinger, Audis Stellvertretender Sportchef Dieter Gass und der ehemalige Technikdirektor von Porsche, Alex Hitzinger, der inzwischen im Silicon Valley arbeitet.
Ich muss gestehen: Mir macht gerade die Zusammenarbeit mit den Dauerbegleitern Bergmeister, Wurz und Co. am meisten Spaß.
Über all’ die Jungs haben wir deswegen auch in PITWALK schon mindestens eine ausgiebige Personality Story gebracht: über Liebs Ingenieurs-Ausbildung bei Porsche ebenso wie über Wurz’ penible Fitness- und Ernährungsvorbereitung und über Bernhards Kindheitsidol Stefan Bellof.
Nur Bergmeister hat bislang in PITWALK noch keine Rolle gespielt.
Doch als er sich am Samstagabend aus der Kabine gequält hat, konnte ich ihm mit auf die Reise gehen: „Dein Paket kommt diese Woche.“
Denn in der neuen Ausgabe von PITWALK, die am Freitag in den Handel kommt, haben wird endlich auch eine mehr als 10 Seiten lange Story über Jörg Bergmeister drin. Den habe ich dazu extra zuhause besucht und einen höchst spannenden Tag mit ihm verbracht.
Was dabei alles rausgekommen ist, lesen Sie in der neuen Ausgabe von PITWALK. Abo-Inhaber, Dauerbezieher und Vorabbesteller müssten das Heft eigentlich heute schon erhalten haben, wenn die Post fix genug war.
Denn während wir uns in Austin abgemüht haben, ging daheim die Vorbereitung für den Versand der Hefte auf Hochtouren weiter. Und als ich trotz aller Versuche der Fluglinie United, eine pünktliche Heimreise zu vereiteln, am Montag zuhause war, konnte ich mich schon gleich ins neue Heft vertiefen.
Mit der großen Geschichte über Jörg Bergmeister.