30.09.2022
Eine komische Zahl, irgendwie. Max Verstappen ist gerade 25 Jahre alt geworden, hatte diese Woche Geburtstag. Und doch fühlt es sich an, als müsse der angehende neue Weltmeister aus den Niederlanden schon mindestens fünf Jahre älter sein – wenn man die Formel 1-Zugehörigkeit als Messlatte für das gefühlte Alter eines Rennfahrers nimmt.
Es war im Jahre 2015, da haben wir uns für die Zeitschrift PITWALK zum ersten Mal intensiv mit dem Potenzial von Verstappen befasst. In Heft 24 – längst vergriffen, komplett ausverkauft – haben wir die Frage beantwortet, ob der damalige Teenager „Wahnsinn oder Wunderknabe“ sei. In jener Cover Story, deren Aufmacherdoppelseite Ihr hier im Header noch Mal seht.
Für die Umfrage zur Recherche, auf die sich jene Geschichte stützt, habe ich mit diversen Leuten telefoniert: Vater Jos, den ich noch als Fahrer aus der Deutschen Formel 3-Meisterschaft kenne, Red Bull-Motorsportboss Dr. Helmut Marko, aber auch Timo Rumpfkeil – in dessen Team Motopark Max Verstappen das prestigeträchtige Formel 3-Masters in Zandvoort an der niederländischen Nordseeküste gewonnen hatte.
In einer Zeit, in der alle anderen Medien noch am Können und der Sinnhaftigkeit des Aufstiegs von Jung-Maxe in die Formel 1 gezweifelt haben, kamen wir zu dem Schluss: Verstappen jr. wird das packen, er bringt mehr Naturtalent mit als etwa ein Sebastian Vettel es weiland tat.
Manche Details am Aufstieg von Verstappen wundern einen noch heute. Etwa, wie Mercedes das Talent des Burschen übersehen konnte. Die Schwaben hatten Verstappen damals zwar auf dem Radar – wollten ihn aber partout noch in einer Nachwuchsformel unterhalb der Formel 3 fahren lassen. Es gab sogar den Plan, ihn ins Deutsche Tourenwagenmasters zu stecken. Das DTM wurde damals noch mit sogenannten Klasse 1-Autos gefahren, Kohlefaserboliden mit aerodynamiklastiger Prototypentechnik, die nur auf dem Papier noch Tourenwagen heißen mussten.
Jeder weiß: Diese Klasse 1-Autos versauen jedem Fahrer, der eine Formelsportkarriere anstrebt, den Fahrstil so nachhaltig, dass er in der Formel 1 danach nie wieder Fuß fassen wird. Mercedes hat denselben Fehler mit Topjuniortalenten wie Jan Magnussen und Dario Franchitti schon mal gemacht. Auch die mussten auf Geheiß der Schwaben DTM fahren, als sie aus der Formel 3 kamen, sollten so auf die Formel 1 vorbereitet werden – und wurden in den Tourenwagen bis zur Perspektivlosigkeit verheizt.
Und jetzt sollte Verstappen dasselbe blühen?
Allein die Überlegung entlarvt das DTM schon als das, was es wirklich ist: eine Marketingübung mit sehr überschaubarem sportlichen Wert. Denn bei den Einsätzen von Magnussen bis Verstappen ging es nur darum, einen Werbeclaim für das DTM zu entwickeln: Wenn einer von denen es trotz der Tourenwagengurkerei an die Spitze der Formel 1 geschafft hätte, dann hätte man das DTM mit „die beste Schule für Formel 1-Weltmeister“ bewerben können. Und hätte es so aus der Nische rausgeholt, ihm einen echt sportlich wertvollen Anstrich verpasst. Aber nicht mal Magnussen, trotz Formel 1-Aufstieg, hat sich vom DTM so erholt, dass er in den Grands Prix konstant vorn mitgefahren wäre.
Man kann dem Trio Verstappen, Marko und Rumpfkeil gar nicht dankbar genug sein, dass sie diesen Wahnsinnsplan vereitelt haben – und darauf pochten, dass Verstappen direkt in die Formel 1 gehievt wird. Dabei wollte auch Red Bull zuerst nicht: Selbst der als Toptalentspäher verehrte Grazer Dr. Marko hatte Verstappen in den ersten Jahren im Kart und im Automobilsport glatt übersehen, ist erst über Rumpfkeils Hinweise auf das wahre Potenzial des Niederländers aufmerksam geworden.
Klar, es gab viele Zweifel. Aber nicht bei den Leuten, die Verstappen wirklich kannten: Papa Jos – und Timo Rumpkeil. Und Dr. Marko war auch schnell überzeugt, als er sich mal richtig intensiv mit Verstappen jr. befasst hat.
Jetzt ist der Bursche also 25, steht unmittelbar vor seinem nächsten WM-Titel. Wenn nicht in Singapur, dann halt beim nächsten Rennen, ist ja wurscht. Fest steht: Er wird den Titel erfolgreich verteidigen – und er wird in seiner weiteren Karriere alle Rekorde in Erfolgsbilanzen brechen.
Man stelle sich vor, so einer wäre im DTM verheizt worden, weil Mercedes die Prioritäten falsch gesetzt hat.